Sabine Heidel - Ausritt an den Fluss

Gegenseitige Rücksichtnahme gilt nicht nur im Straßenverkehr. Hier allerdings ist sie vorgeschrieben: Mit dieser Vorgabe beginnt unsere Straßenverkehrsordnung (StVO). Und sie betrifft dich nicht nur als Fußgänger, Auto- oder Fahrradfahrer. Sondern auch, solltest du mit einem Pferd in öffentlichem Straßenland unterwegs sein. Worauf du achten musst, damit du unerwünschte Situationen und Bußgelder umgehst, erfährst du bei uns.

Ein Pferd gilt als Fahrzeug – und damit die StVO


Die StVO regelt in 53 Paragrafen das Miteinander aller Straßenverkehrsteilnehmer. Zu ihnen zählen nicht nur Führer von Kraftfahrzeugen, Fahrradfahrer oder Fußgänger. Auch Tiere dürfen gemäß § 28 StVO öffentliches Straßenland nutzen, werden sie von geeigneten Personen begleitet.

Als erfahrener Reiter bist du zur Einwirkung auf dein Pferd fähig und darfst damit privates Gelände mit deinem Tier verlassen. Doch, was dann?

Juristisch werden Pferde im Straßenverkehr als Fahrzeuge betrachtet und entsprechend du als Fahrer. Als Reiter oder Führer von Pferden musst du dich daher nach einschlägigen Anordnungen wie Vorfahrtsregelungen, Ampeln oder Einbahnstraßen richten. Doch auch hier bestätigen Ausnahmen die Regel: Einige Vorschriften gelten ausschließlich für Kraftfahrer. Mögen Pferde auch per Definition Fahrzeuge sein, darfst du

    • unter Alkoholeinfluss mit ihnen unterwegs sein. Du musst allerdings noch die Geeignetheit aus § 28 StVO nachweisen können. Andererseits droht im Extremfall sogar der Entzug des Führerscheins.
    • bereits vor Eintritt in das Erwachsenenalter dein Pferd ausreiten oder -führen. Eine konkrete Altersgrenze ist gesetzlich nicht festgelegt, grundsätzlich werden bei unter 16-Jährigen erwachsene Begleitungen empfohlen.

Hinweis: Das auch als Reiterpass bekannte Deutsche Reitabzeichen ist kein Äquivalent zur Fahrerlaubnis. Der Schein dient einzig zur Teilnahme am Turniersport. Im Straßenverkehr zählen deine Fähigkeiten als Reiter und Kenntnisse der Straßenverkehrsregeln.


Schilder für Mensch und Pferd

Neben allgemeinen Verkehrsschildern erkennst du an einigen expliziten Hinweise, wo du mit deinem Pferd im öffentlichen Raum unterwegs sein darfst. Zu ihnen zählen

    • Verkehrszeichen 238: Ein Reitweg wird durch ein rundes Schild mit einem weißen Reiter vor blauem Hintergrund gekennzeichnet. In diesem Fall musst du diesen Weg nutzen und darfst nicht auf die Straße ausweichen. Ohne Ausnahmegenehmigung per Zusatzzeichen ist der gekennzeichneten Reitweg gleichzeitig für alle anderen Straßenverkehrsteilnehmer tabu.
    • Verkehrszeichen 258: Stoppe an einem runden Schild mit rotem Rand und schwarzem Reiter: Ab hier ist Reiten verboten. Du darfst allerdings absteigen und dein Pferd den Weg entlangführen.
    • Verkehrszeichen 250: Das runde, weiße „Durchfahrt verboten-Schild“ mit rotem Rahmen gilt nur für Fahrrad- und Kraftfahrer – nicht für dich als Reiter oder Führer eines Pferdes.
    • Die dreieckigen Verkehrszeichen 145-14 und 145-24 weisen auf einen von Reitern hochfrequentierten Straßenzug hin.

Doch Schilder für Reiter sind rar. Was also darfst du, fehlt es an den eindeutigen Verkehrszeichen?

Wo darfst du reiten?


Grundsätzlich darfst du in geschlossenen Ortschaften sowie auf Landstraßen reiten. Dabei bist du zur Nutzung der Fahrbahn verpflichtet. Ist die Spur zum rechten Straßenrand mit einer durchgezogenen Linie abgetrennt und bietet ausreichend Platz, musst du mit deinem Pferd dorthin ausweichen.

 

Wo darfst du nicht reiten?


Reiten auf Bürgersteigen, Fahrradwegen, Autobahnen und Kraftfahrstraßen ist generell nicht gestattet. Weitere Tabus für dich und dein Pferd sind

    • Wanderwege, Lehr- und Sportpfade ohne Ausnahmegenehmigung
    • Liege- und Spielwiesen
    • Kahlflächen im Wald
    • landwirtschaftliche Brachflächen
    • Stadtparks

Wann zählt der Einzelfall?


In Einzelfällen wird individuell über das Reiten auf und Führen von Pferden entschieden. Zu ihnen zählen
 

    • Privatgelände wie Parkplätze vor Shoppingcentern: Die Eigentümer entscheiden
    • Feldwege im Gelände: Die lokalen Forstbehörden und Naturschutzgesetze entscheiden. Normalerweise erlaubt
    • Strände: Die Strandbetreiber oder lokalen Gesetzesbestimmungen entscheiden. Normalerweise außerhalb der Hochsaison gestattet

Weitere Vorschriften


Neben dem Wo gibt es auch Vorschriften, wie du ausreiten darfst.

 

Zu zweit oder als Gruppe

Du darfst nur dann neben einem anderen Pferd reiten, befindest du dich in einem geschlossenen Verband von drei bis zwölf Reitern. Dabei müsst ihr gemäß § 27 StVO als Einheit erkennbar sein und anderen Verkehrsteilnehmer stets genügend Platz zum Einscheren lassen.

Bei schlechten Sichtverhältnissen

Pferde können zwar im Dunkeln gut sehen, sollten aber auch gesehen werden. Daher musst du bei schlechten Sichtverhältnissen mit einer weißen, nicht blendenden Beleuchtung vorne und einem roten oder gelben Blinklicht hinten für eine ausreichende Erkennbarkeit sorgen. Im Verband betrifft dies die vordere und letzte Reiter-Reihe. Die Lichtquellen können   

    • Steigbügel-, Stirn- oder Helmlampen
    • Stiefelleuchten
    • Schweifbänder mit LED-Birnen

sein.

Tipp: Für eine zusätzliche Sichtbarkeit sorgst du mit Reflektoren an deiner Jacke.

 

Hinterlassenschaften

Gemäß § 32 StVO musst du bei einer

    • möglichen Verkehrsgefährdung
    • entsprechenden lokalen Verordnung

deine Pferdeäpfel von der Straße aufsammeln.

 

Besondere Vorsicht gilt für alle

Triffst du als Autofahrer auf Menschen mit Pferden, solltest du auch einige Besonderheiten beachten. Denn Pferde sind Fluchttiere und überaus schreckhaft. Überhole daher

    • nicht zu dicht
    • nie mit aufheulendem Motor
    • ohne zu hupen.

So erfüllst du gleichzeitig die Vorschrift zur gegenseitigen Rücksichtnahme im Straßenverkehr!

Quelle/Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von bussgeldkatalog.net